2. Netzwerktreffen der Theaterpädagogik in Schleswig-Holstein
Am 27. September trafen sich über 30 Theaterpädagog*innen aus ganz Schleswig-Holstein in der Theaterschule Flensburg zum zweiten Vernetzungstreffen der Szene. In einem vielfältigen Programm tauschten sie sich aus und erhielten vielfältige Impulse für die eigene Arbeit.
Impuls „Gametheater“
Unter dem Titel „Gametheater“ gestaltete Malte Andritter eine interaktive Performance. In dieser setzte er Game-Logiken – also die Regeln und Logiken nach denen Computerspiele und komplexe analoge Brettspiele funktionieren – ein. Die „Zuschauer*innen“, die sich zu ihm auf die Bühne wagten und so zu „Spieler*innen“ wurden, mussten diese Regeln entdecken, um schließlich den Experten-Vortrag auslösen zu können. In diesem wurden dann auch die Eindrücke aus dem vorangegangenen Gametheater reflektiert.
Andritter war bereits auf der Bühne, die er mit verschiedenen Requisiten vorbereitet hatte, als das „Publikum“ den Saal betrat. Das Publikum erwartete einen Impuls zum Thema „Gametheater“. Die Interaktion zwischen Malte Andritter als Schauspieler und Gamedesigner sowie dem Publikum bzw. den Spieler*innen entsponn sich langsam. Einer von vielen spannenden Aspekten war, wie lange die Personen im Publikum brauchten, um aus ihrer angenommenen Rolle als Zuschauer*innen in die Rolle der interagierenden Spieler*innen zu wechseln. Als Spieler*innen gingen sie mit auf die Bühne und versuchten die Rätsel, die die Handlung voran brachten, zu lösen. Dabei mussten sie ähnlich einem Escape-Room Informationen auf der Bühne sammeln und kombinieren. Die Lösungen lösten dann wiederum Aktionen des Schauspielers aus. In einem zweiten Teil gewannen die Spielenden Zugriff auf eine Taschenlampe, die als „Controller“ für den Schauspieler genutzt werden konnte, mit der er an den Platz gelenkt werden konnte, der den finalen Teil auslöste. In diesem wechselte Malte Andritter dann aus der Schauspieler-/Gamecharakter-Rolle, in die Rolle des Experten. Er erläuterte kurz verschiedene Spiel-Formate und Spieler*innen-Typen, die man beim Entwickeln von interaktivem Gametheater sinnvollerweise im Kopf haben sollte. Außerdem berichtete er von seinen Erfahrungen mit der partizipativen Entwicklung von Game-Theater-Stücken bzw. Spielen gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen. Die Präsentation zum Vortrag finden Sie hier.
Projekt-Kurzberichte
Der zweite Programmpunkt beinhaltete kurze Projektpräsentation von verschiedenen Theaterprojekten in ganz unterschiedlichen Kontexten und mit sehr verschiedenen Zielgruppen:
- Kathrin Ötting (Theater Lübeck) „Die besten Beerdigungen der Welt. Ein altersübergreifendes Tanzprojekt für alle ab 6 Jahren“
- Inga Hartmann (Krimmelmokel) „Puppentheaterprojektkurs mit Kindern der Max von der Grün Schule – Förderzentrum für körperliche und motorische Entwicklung„
- Beatrix Nierade (Theaterschule Flensburg) „Theater und Schule“
- Elke Mark (Freischaffend) „Bühne.“ zu Gast bei Kunst & CO Verein für Gegenwartskunst. Ein Spartenübergreifendes Kollegiales Beratungsangebot
Um weiter in den Austausch zu kommen, schloss sich ein kurzes World-Café an, das dem thematischen Austausch in Kleingruppen diente (Lucie Morin). Nach der Mittagspause, in der sich viel vernetzt wurde, gab es für alle einen Bewegungsimpuls von Elisa Priester.
Thematische Arbeitsgruppen in zwei Phasen
Die Themen für die Arbeitsgruppen am Nachmittag wurden gemeinsam festgelegt. Es gab zwei Runden mit jeweils maximal drei parallel laufenden Arbeitsgruppen.
Phase I – Praktische Methoden, Theaterpädagogik und politische Bildung
In der ersten Arbeitsgruppenrunde probierte eine Gruppe eine praktische Übung von Malte Andritter zur Verbindung von Theater und Spielmechaniken aus. Anschließend tauschten die Teilnehmenden dann Lieblingsübungen und Lieblingsmethoden für unterschiedliche Situationen in ihrer Arbeit als Theaterpädagog*innen aus. Parallel dazu arbeitete eine Gruppe zur Schnittmenge von Theaterpädagogik und politischer Bildung bzw. Demokratiepädagogik. Jan Ivers leitete die Gruppe mit einer Übung des kreativen Schreibens zum genannten Thema ein. Denise von Schön-Angerer leitete die anschließende Diskussion. Sie berichtete zudem von ihren Erfahrungen aus der theaterpädagogischen Arbeit in Chemnitz und im Erzgebirge, wo sie bis 2021 tätig war. Dort konnte sie in Kooperationsprojekten mit Schulen die gesellschaftliche Diskursverschiebung hin zu demokratiefeindlichen Haltungen über mehr als zehn Jahre beobachten. Es entspann sich eine fruchtbare und in Teilen auch emotionale Diskussion zur Frage, wie die Theaterpädagogik demokratiestärkende Kraft entfalten kann. Es wurde beschlossen, die Diskussion in einer Arbeitsgruppe weiter zu führen.
Phase II – Praktische Methoden, Theaterpädagogik und mentale Gesundheit, Lobbyarbeit
In der zweiten Arbeitsgruppenphase wurde parallel an drei verschiedenen Themen gearbeitet. So gab es noch mal eine Gruppe, die praktische Methoden austauschte (Stella Burr). Eine zweite Gruppe „Mentale Gesundheit“ lotete die Möglichkeiten aus, mit theaterpädagogischen Methoden Herausforderungen im Bereich der mentalen Gesundheit zu bearbeiten (Sylva Jürgensen). Eine dritte Gruppe befasste sich schließlich mit der „Lobbyarbeit für Theaterpädagogik“ (Folke Witten-Nierade, Liane Jasulke).
In der Arbeitsgruppe „Mentale Gesundheit“ wurde diskutiert, wie sich die gegenwärtigen Lebensbedingungen auf die körperliche und seelische Entwicklung von Kindern auswirken und wie die theaterpädagogische Arbeit darauf reagieren kann. Auch die Bedingungen während der Pandemie (aufgrund des Abstandsgebots und Maskentragens) wurden besprochen, da viele Kinder im Grundschulalter Schwierigkeiten haben in Kontakt zu gehen und Emotionen mimisch zu dekodieren. Wir kamen überein, dass die Theaterpädagogik Räume kreiert, in denen Kontakt gefördert und ein Zugang zu Emotionen und deren Ausdruck ermöglicht wird. Dies wird auch im Sinne einer „gesunden Gesellschaft“ dringend benötigt.
In der Gruppe „Lobbyarbeit“ wurde deutlich, dass es nicht den einen (Berufs-)Verband für die Theaterpädagog*innen in Schleswig-Holstein gibt. Es existieren aber verschiedene Verbände, wie die LAG Spiel & Theater e.V., der fdk sh e.V., die LKJ SH e.V., die Netzwerke der Kulturvermittler*innen, die sich alle in Schleswig-Holstein auch für Theaterpädagogik einsetzen. Die genannten Netzwerke und Vereine waren auch bei diesem Treffen vertreten und haben sich vorgenommen, sich in Zukunft stärker abzustimmen und gemeinsam für eine bessere Sichtbarkeit der professionellen Theaterpädagogik bzw. Pädagogik der Darstellenden Künste einzusetzen. Ein weiterer Akteur, der auch immer wieder erwähnt wurde, ist der Bundesverband der Theaterpädagoginnen e.V. (BuT). Aktuell scheint es aber keine Regionalgruppe des BuT zu geben.
Das 3. Treffen der Theaterpädagogik Schleswig-Holstein findet am 7. November 2025 in Kiel statt.
Unter allen Teilnehmenden herrschte Einigkeit, dass es 2025 das dritte Treffen der Theaterpädagog*innen Schleswig-Holstein geben soll. Als Termin wurde Freitag, der 7. November 2025, festgelegt und die Kolleg*innen aus Kiel haben sich bereit erklärt das Treffen auszurichten. Interessierte können sich gerne schon für einen Einladungsverteiler bei der LKJ SH e.V. oder der LAG Spiel & Theater melden.
Das Treffen der Theaterpädagog*innen Schleswig-Holstein wurde gemeinsam von der LAG Spiel & Theater e.V., der Theaterschule Flensburg gGmbH und der LKJ SH e.V vorbereitet.
Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung durch eine Förderung des Ministeriums für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur.