Begrüßungsrede von Dr. Christian Schmidt-Rost anlässlich des Parlamentarischen Abends am 19. Juni 2024 (Text als pdf)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete,
sehr geehrte Staatssekretärin Dr. Stenke,
sehr geehrter Staatssekretär Wendt,
sehr geehrter Staatssekretär Albig,
liebe alle, die Sie bereit sind, sich für die ganztägige Förderung von Grundschulkindern einzusetzen,
wir freuen uns sehr, Sie heute zur gemeinsamen Abendveranstaltung im Schleswig-Holsteinischen Landeshaus begrüßen zu dürfen, obwohl die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Herren ein EM-Spiel bestreitet. Der heutige Abend ist ein besonderer, weil er von über 20 Verbänden, Organisationen und Netzwerken aus verschiedenen Feldern gemeinsam erdacht wurde und somit eher nicht in klassische Veranstaltungsraster passt. Sie fragen sich vermutlich:
Wie hat diese heterogene Gruppe zusammengefunden?
Was ist das Ziel dieser Veranstaltung?
Und warum hat die Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Schleswig-Holstein oder kurz LKJ SH e.V. die Koordination übernommen?
Gerne möchte ich Ihnen diese drei Fragen kurz beantworten.
Lassen Sie mich mit der für mich einfachsten Frage beginnen.
Warum hat sich die Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Schleswig-Holstein e.V. bereit erklärt die Koordination des heutigen Abends zu übernehmen?
Es sind zwei zentrale Gründe: Erstens, Ganztag kann sich für die außerschulische kulturelle Bildung in Schleswig-Holstein zu einer Chance oder einer Bedrohung entwickeln. Wir wollen es so mitgestalten, dass es eine Chance wird. Zweitens, als LKJ SH sind wir es gewohnt in heterogenen Bündnissen zu arbeiten. Denn wir sind das Dach der verschiedenen Spartenverbände und landesweit aktiven Organisationen der kulturellen Bildung. Von außerschulischen Bildungsstätten über Filmpädagogik, Literatur & Leseförderung, Kunst und Musik in allen erdenklichen Variationen, Spielmobil-Arbeit, Tanz, Theater bis zu Zirkus ist alles dabei. Durch diesen bunten Strauß haben wir gelernt auch zwischen auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Strukturen nach gemeinsamen Interessen zu suchen. Zudem tragen wir zwei Angebote, die nur in Bündnissen funktionieren: Die Koordination der Freiwilligendienste Kultur und Bildung und die Servicestelle „Kultur macht stark“ Schleswig-Holstein. Bei den Freiwilligendiensten müssen wir die Interessen von landesweit gut 130 Einsatzstellen aus den Bereichen Kultur, Politik und Schule, mit den Interessen der Freiwilligen, der Förderer und des bundesweiten Trägerverbunds in Einklang bringen. Die Servicestelle „Kultur macht stark“ Schleswig-Holstein berät Organisationen, die in einem Bündnis mit zwei weiteren Partnereinrichtungen beispielswiese Projekte der kulturellen Bildung im Ganztag mit Bundesmitten finanzieren wollen. Kristin König, die heute auch anwesend ist, berät Sie gerne dazu. Gemeinsam ist unseren Angeboten und den Angeboten unserer Mitglieder, dass diese nachweislich einen Beitrag zur Persönlichkeitsstärkung und zur Demokratiebildung der Teilnehmenden leisten. Zusammengefasst lautet die Antwort auf die erste Frage, auf der inhaltlichen Ebene: Die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs ist für die Szene der kulturellen Bildung ebenso wie für die Kinder in Schleswig-Holstein wichtig. Auf der organisatorischen Ebene: Wir von der LKJ sind Profis für partizipative Koordination heterogener Gruppen und das Gestalten von kreativen Prozessen und Lösungen. Wie gut sie darin sind, haben bei der Vorbereitung dieses Abends ganz besonders Kristin König, Lena Patent und Jörg Walter-Thurm gezeigt. Dafür möchte ich ihnen ganz herzlich danken.
Zur zweiten Frage:
Wie hat diese heterogene Gruppe der Veranstaltenden zusammen gefunden?
Die gesetzliche Verankerung des Anspruchs auf ganztägige Förderung von Kindern im Grundschulalter im Herbst 2021 hat in vielen Bereichen, die mit Grundschulkindern arbeiten, ambivalente Gefühle ausgelöst. Sport, Kulturelle Bildung, Jugendverbandsarbeit war bewusst: Dieses Gesetz hat das Potential, das eigene Feld grundlegend zu verändern. So wurden Fachtage veranstaltet und Positionspapiere geschrieben. Bald waren zwei Punkte klar: 1. Ohne die Wohlfahrtsorganisationen funktioniert kein Ganztagsangebot. 2. Wenn Kulturelle Bildung, Sport und Jugendverbandsarbeit eingebunden sind, wird Ganztag für die Kinder und Jugendlichen viel besser.
Anfang 2023 initiierten wir daher eine informelle Austauschrunde zum Ganztag mit Kultureller Bildung, Wohlfahrt, Sport und Jugendverbandsarbeit. Am Anfang ging es vor allem um den Informationsaustausch über den Prozess. In den regelmäßigen Videokonferenzen wuchs Vertrauen und ein Verständnis dafür, dass wir unterschiedliche Rollen im Ganztag übernehmen wollen, aber ein gemeinsames Ziel haben: Im Sinne der Kinder streben wir alle eine möglichst hohe Qualität des Ganztagsangebots überall in Schleswig-Holstein an. Was bedeutet das?
Qualität des Ganztagsangebots vom Kind aus denken
Qualität bedeutet für uns vom Kind aus gedacht: Jedes Kind kann unabhängig von der ökonomischen Situation seiner Eltern an der ganztätigen Förderung teilnehmen. Jedes Kind kann zu seinen Fachkräften Vertrauen aufbauen, weil diese langfristig im Ganztag arbeiten und entsprechend bezahlt werden. Jede Fachkraft im Ganztag ist nur für so viele Kinder zuständig, dass jedes Kind auch ruhige Momente für ein Gespräch mit seiner Vertrauensfachkraft haben kann. Jedes Kind erhält eine warme Mahlzeit in angenehmer Atmosphäre. Jedes Kind kann Rückzugs- und Ruheräume nutzen. Jedes Kind kann in Wahlangeboten aus Kultureller Bildung und Sport seine Interessen entwickeln und schärfen sowie Selbstwirksamkeit erfahren. Jedes Kind kann sich für die Hausgaben Hilfe holen. Jedes Kind kann im Rahmen von Wahlangeboten wie beispielsweise den Pfadfindern die Umgebung entdecken oder die Jugendfeuerwehr kennenlernen. Qualität bedeutet für uns außerdem, dass Kinder von halbwegs entspannten Eltern abgeholt werden, weil diese wissen, dass ihre Kinder an einem Ort sind, an dem sie sich wohlfühlen.
Daraus ergibt sich zusammenfassend auch: Um gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteilen zu erreichen, müssen Rahmenbedingungen wie Betreuungsschlüssel, Mindestanforderungen an Räume und Personal ebenso wie der Anspruch auf Wahlangebote aus den Bereichen Sport und Kultureller Bildung sowie eine Anbindungsmöglichkeit für die Jugendverbandsarbeit im Landesrecht geregelt werden. Es versteht sich von selbst, dass dies auch mit einer gemeinsamen Finanzierung durch die verschiedenen Ebenen einhergehen muss.
Zur dritten Frage:
Und was ist das Ziel unserer heutigen Veranstaltung?
Wir wollen Ihnen, sehr geehrte Mitglieder des Landtags und der Landesregierung ebenso wie Ihnen geschätzten Vertreter*innen aus der kommunalen Familie, Mut machen. Mut, die ganztätige Förderung von Kindern bei den schwierigen Haushaltsberatungen hoch zu priorisieren und gemeinsam Strategien für einen erstklassigen Ganztag zu entwickeln. Denn eine qualitativ hochwertige ganztägige Förderung von Kindern im Grundschulalter hat nachweislich positive Effekte auf viele gesellschaftliche Bereiche wie Bildungsgerechtigkeit, Fachkräfte-Gewinnung, Integration, Armutsrisiko von Alleinerziehenden und Frauen im Alter sowie gesellschaftlicher Zusammenhalt, um nur einige zu nennen.
Ganztag als Katalysator für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Auf den Punkt “gesellschaftlicher Zusammenhalt” möchte ich zum Schluss meiner Redezeit noch kurz eingehen: Unsere Grundschulen sind mittlerweile die einzigen Orte, an denen Menschen aller Milieus aufeinandertreffen und zusammenarbeiten müssen. Deswegen kann ein Ganztagsangebot, das als sozialer Knotenpunkt gedacht und gelebt wird, die Wirkung eines Katalysators für gesellschaftlichen Zusammenhalt entfalten.
Wenn die Ganztagskoordination an der Schule ein Netz zu Sportvereinen, Musikschulen, Tanzschulen, Spielmannszügen, Theatern, Fab-Labs, Kommunalen Kultureinrichtungen, Jugendrotkreuz, Pfadfindern, Jugendfeuerwehr, DLRG und weiteren Akteuren knüpft, dann besteht die Chance, dass auch Kinder in Vereine und Organisationen hineinwachsen, die dort bisher nicht hingefunden hätten. Zugleich bietet es einen Ansatz für die Nachwuchsprobleme in vielen Organisationen und nimmt uns die Sorge vor dem Verlust der Grundschulkinder in den Angeboten. Weiter kann ein solches Konzept einen Beitrag leisten, das enorme Problem der Fachkräfte für den Ganztag zu entschärfen. Sicherlich kommt jetzt gleich der Einwand, dass viele dieser Angebote von Berufstätigen im Ehrenamt gemacht werden. Aber ich denke, wenn wir es wirklich wollen, ließen sich auch dafür kreative Lösungen finden. Wenn wir Ganztag nicht nur als Raum zum Abbau schulischer Defizite denken, sondern als einen sozialen Knotenpunkt, dann könnte er sich zu einem Win-Win-Win-Projekt für viele Gesellschaftsbereiche entwickeln.
Wie Holstein Kiel – in zehn Jahren in die 1. Liga
In den vergangenen Wochen wird in allen möglichen Kontexten die KSV Holstein als Beispiel herangezogen, dass man es, trotz struktureller Nachteile, in die 1. Liga schaffen kann, wenn viele Engagierte, beharrlich, mit ambitionierten Zielen, einem guten Konzept und viel Teamgeist zusammenarbeiten. Für mich, der ich in den 1990er Jahren in einem vor sich hin bröselnden Holsteinstadion davon träumte, dass in der Stadt des THW und der Baltic Hurricanes Fußball überhaupt eine größere Rolle spielt, grenzt der Aufstieg von Holstein in die 1. Fußball Bundesliga an ein Wunder. Was ich damit aber sagen möchte: Heute scheint es noch schwer vorstellbar, dass der Ganztag in Schleswig-Holstein flächendeckend im bundesvergleich in der 1. Liga spielt. Aber wir können es hinbekommen, wenn wir uns jetzt alle gemeinsam – Land, Kommunen, Wohlfahrt, Sport, Jugendverbände, Kulturelle Bildung und Schule – aufmachen und ambitionierte Ziele formulieren sowie realistische Meilensteine für die nächsten zehn Jahre entwickeln. Dann können wir es wie Holstein Kiel auch in zehn Jahren von der dritten in die 1. Liga schaffen. Unsere Kinder, deren Eltern und die positiven Effekte auf viele weitere Politikfelder unseres Bundeslandes sollten es uns wert sein. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen inspirierenden und motivierenden Abend.
Text: Dr. Christian Schmidt-Rost
Kontakt:
LKJ SH – Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Schleswig-Holstein e.V.
Ein Rückblick auf den Parlamentarischen Abend am 19.06.2024
“Vielfalt im Ganztag” – unter diesem Motto hat vergangene Woche der Parlamentarische Abend im Landeshaus stattgefunden.
Die intensive Zusammenarbeit von 21 Verbänden, Organisationen und Netzwerken machte den Parlamentarischen Abend am 19. Juni zu etwas ganz Besonderem. Ziel war es, den Entscheider*innen in den Parlamenten sowie der Verwaltung im Land und den Kommunen Mut zu machen, der „ganztägigen Förderung von Grundschulkindern“ eine hohe Priorität einzuräumen.
Ausgangspunkt der Veranstaltung ist das Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG). Ab August 2026 haben alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung. In den Folgejahren wird der Anspruch auf die Klassenstufen 2 bis 4 erweitert, sodass ab dem Schuljahr 2029/2030 allen Kindern der ersten bis vierten Klasse der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung zusteht. Mit dieser Entscheidung greift die Politik zu Recht gesellschaftliche Entwicklungen auf (wie z.B. Entlastung der Familie und Erleichterung der Erwerbsarbeit).
Eine qualitativ hochwertige ganztägige Förderung von Kindern im Grundschulalter hat nachweislich positive Effekte auf viele gesellschaftliche Bereiche wie Bildungsgerechtigkeit, Fachkräftegewinnung, Integration, Armutsrisiko Alleinerziehender und sozialen Zusammenhalt. Wir wollen gemeinsam mit dem Land, den Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Sport, Jugendverbänden, kultureller Bildung und Schulen realistische Meilensteine für die nächsten 10 Jahre entwickeln. Dafür war der Abend in der vergangenen Woche ein guter Auftakt. Wir freuen uns sehr, dass trotz eines EM-Spiels über 100 Personen teilgenommen haben.
Rückblick des Parlamentarischen Abends:
Nach einer Begrüßung von Dr. Christian Schmidt-Rost (Geschäftsführung LKJ SH e.V.) hielt Kristina Herbst (Landtagspräsidentin Landtag SH) ein Grußwort, in dem sie die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Ganztages hervorhob.
Prof. Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss (Direktorin Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel) erläuterte in ihrem Impulsvortrag, wie der Weg zu einer gut strukturierten Ganztagesbetreuung gelingen kann. Zudem zeigte sie auch Herausforderungen auf, wie z.B. den Bedarf rechtlicher Klärungen. Dennoch sei dies kein Grund nicht anzufangen. Ganz im Sinne von “Fake it till you make it”, motivierte Reinwand-Weiss gemeinsam das Thema Ganztag jetzt anzugehen. Im Zeichen der EM lautete ihr Fazit: Der Ganztag sei ein Teamsport. Es ist jetzt an der Zeit gemeinsam zu trainieren, um für 2026 als Team fit zu werden und agieren zu können.
In einem Video-Blitzlicht aus der Praxis berichteten Akteur*innen von der jetzigen Situation im Ganztag und formulierten ihre Wünsche an einen künftigen Ganztag in Schleswig-Holstein. Dieses Blitzlicht leitete eine Talk-Runde ein, in der über die Rolle von Sport, Wohlfahrt, Kultureller Bildung, Jugendverbandsarbeit in zukünftigen Ganztag gesprochen wurde. Es diskutierten Landtagspräsidentin Herbst, Prof. Reinwand-Weiss, Ivy Wollandt (Paritätischer Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein), Jochen Wilms (Landesjugendring Schleswig-Holstein) und Anne Hermanns (Landesvereinigung Kultureller Kinder- und Jugendbildung) über Chancen und Herausforderungen, die aktuell im Ausbau der Ganztagsbetreuung bestehen und äußerten Forderungen gegenüber politischen Verantwortlichen die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen, um individuelle Interessen und Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern zu fördern. Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung konnten sich die Teilnehmenden neben Snacks und Getränken im Rahmen der Ausstellung “Vielfalt der Angebote” austauschen und diskutieren. An insgesamt 8 Themensäulen gab es einiges zu entdecken und zu besprechen.
Die Thementische präsentierten „Vielfalt der Angebote“, „Gesamtfinanzierung“, „Zusammenarbeit Schule, Anbieter Ganztag und außerschulische Akteur*innen“, „Planbarkeit“, „Festgelegte Qualitätskriterien“, „Betreuungsschlüssel“, „Räume“. Wir danken der Gerisch-Stiftung für die Leihgabe der Ausstellungsstehlen und Susanne Günther (Kinderschutzbund SH) und Hartmut Schröder (Landesmusikrat SH) für die Moderation. Um den Parlamentarischen Abend nachhaltig zu dokumentieren, begleitete uns Volker Sponholz und brachte wichtige Diskussionspunkte künstlerisch auf das Papier und auf den Punkt.
Beteiligt waren die folgenden Verbände, Organisationen und Netzwerke.
Die Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Schleswig-Holstein (LKJ SH) e.V. ist froh und dankbar, dass in der Plenardebatte des Schleswig-Holsteinischen Landtags am Freitag, den 23. Februar 2024, fraktionsübergreifend anerkannt wurde, dass guter Ganztag nur in guter Zusammenarbeit zwischen Schule und den außerschulischen Akteuren aus kultureller Bildung, Sport, Jugendverbandsarbeit und Wohlfahrtsverbänden möglich ist. Dass im beschlossenen Antrag ein Umgang auf Augenhöhe zwischen Schule und den außerschulischen Akteuren eingefordert wird, war besonders erfreulich.
Die Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (LKJ SH) e.V. sieht diesen Landtagsbeschluss auch als Ergebnis ihres unermüdlichen Einsatzes für einen guten Ganztag in den vergangenen zwei Jahren: Bereits im April 2022 hatten die LKJ SH e.V., die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Schleswig-Holstein e.V. und der Landesverband der Musikschulen Schleswig-Holstein e.V. gemeinsam das große Austauschforum „Der Ganztag kommt – Lasst ihn uns gestalten!” veranstaltet. Dieses richtete sich an ehren- und hauptamtliche Mitarbeitende in der kulturellen Bildung, schulische Lehrkräfte und (sozial)pädagogische Mitarbeitende im Ganztag sowie Verantwortliche aus Politik und Verwaltung.
Die Ergebnisse des Austauschforums fassten die drei Verbände im gemeinsamen Positionspapier „Kulturelle Bildung im Ganztag“ zusammen. Anschließend wurde dieses Positionspapier bereits im Herbst 2022 an die Verantwortlichen im Parlament und in den Ministerien verschickt. Daraus resultierten viele Gespräche mit Mitgliedern des Schleswig-Holsteinischen Landtags sowie im Dezember 2023 schließlich auch mit dem MBWFK.
„Dass dieser lange Austauschprozess nun dazu geführt hat, dass der Landtag die Chance anerkennt, die der Ausbau des Ganztags gemeinsam mit den außerschulischen Akteuren aus kultureller Bildung, Sport, Jugendverbandsarbeit und politischer Bildung sowie den Wohlfahrtverbänden bietet, freut uns ungemein“, sagt Dr. Christian Schmidt-Rost, Geschäftsführer der LKJ SH e.V. „Wir wollen uns zudem konstruktiv in die Arbeitsgruppe „Ganztag“ des MBWFK einbringen, in der die kulturelle Bildung und der Sport nun auch jeweils mit einem Sitz vertreten sein werden“, fügt er hinzu.
Nach der grundsätzlichen Anerkennung der Bedeutung der Zusammenarbeit von Schule und außerschulischen Akteuren geht es nun darum, gemeinsam einen Rahmen zu entwickeln, der eine einfache Kooperation ermöglicht, um die Qualität der Betreuungsangebote an den Grundschulen Schleswig-Holsteins zu stärken. Dafür müssen neben dem Anspruch an die inhaltliche Qualität, auch organisatorische Fragen und die finanzielle Ausstattung geklärt werden. „Momentan funktioniert kulturelle Bildung im Ganztag eigentlich nur, wenn die Workshopleitungen das Geld mitbringen. Das heißt, sie beantragen Fördermittel bei Bundesprogrammen wie „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ oder bei Stiftungen. Wir wünschen uns, dass die Grundfinanzierung des Ganztags zukünftig ermöglicht, Fachkräfte der kulturellen Bildung einfach zu bezahlen“, so Christian Schmidt-Rost.
„Manchmal ist es schwer die Vielfalt kultureller Bildung auf den Punkt zu bringen, aber es ist für jeden etwas dabei“, meint Schmidt-Rost, denn zur kulturellen Bildung gehören beispielsweise Angebote ganz verschiedener Sparten – von A wie Akrobatik, über B wie Bandprobe, C wie Comic zeichnen, F wie Filme drehen, I wie Improvisation, K wie Kreatives Schreiben, M wie Musikinstrumente lernen, S wie Spiele programmieren, T wie Tanz und Theater, V wie Visual Arts bis zu Z wie Zirkus. Allen Angeboten aus dem Bereich der kulturellen Bildung ist gemein, dass sie bei den Interessen und Stärken der Kinder ansetzen, verbunden mit einer Grundhaltung des Zutrauens. So ermöglichen sie vielen jungen Menschen Erfolgserlebnisse und Selbstwirksamkeitserfahrungen. Diese stärken sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Zudem erfahren die Kinder wie demokratische Aushandlungsprozesse funktionieren.
Deshalb sind die LKJ SH e.V., der Landesverband der Musikschulen Schleswig-Holstein e.V. und die LAG Soziokultur Schleswig-Holstein e.V. überzeugt: „Guter Ganztag kann nur mit kultureller Bildung gelingen. Deshalb müssen Land, Kommunen und außerschulische Akteure jetzt gemeinsam im nächsten Schritt Strukturen schaffen, die es ermöglichen, hochwertige Angebote der kulturellen Bildung und des Sports in das Ganztagsangebot an allen Grundschulen des Landes einzubeziehen.“
Weitere Informationen finden Sie auf der Unterseite KuBi im Ganztag.
Alle reden über den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bzw. korrekterweise über den Rechtsanspruch auf die „Förderung in einer Tagesseinrichtung“ für Grundschulkinder ab 2026. Viele gehen davon aus, dass er die Rahmenbedingungen für viele Akteure in Schule und in den außerschulischen Freizeitangeboten verändern wird. Worauf werden Eltern ab 2026 Anspruch haben? Welche Rahmenbedingungen stehen schon fest? Wer entscheidet über Fragen, die noch offen sind? Dieser Text versucht anhand von Gesetztexten, Vereinbarungen und öffentlichen Verlautbarungen der Akteure ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Es ist kein juristischer Beratungsartikel. Der Text soll Anknüpfungspunkte für eine informierte Diskussion bieten.
In welchen Gesetz findet sich die Grundlage für den Rechtsanspruch?
Die Grundlage für den Rechtsanspruch ist im SGB VIII §24 verankert. Dort steht:
jedes Kind, das im Schuljahr 2026/2027 oder in den folgenden Schuljahren die erste Klassenstufe besucht, hat ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der fünften Klassenstufe einen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch besteht an Werktagen im Umfang von acht Stunden täglich. Der Anspruch des Kindes auf Förderung in Tageseinrichtungen gilt im zeitlichen Umfang des Unterrichts sowie der Angebote der Ganztagsgrundschulen, einschließlich der offenen Ganztagsgrundschulen, als erfüllt. Landesrecht kann eine Schließzeit der Einrichtung im Umfang von bis zu vier Wochen im Jahr während der Schulferien regeln. Über den vom Anspruch umfassten zeitlichen Umfang nach Satz 2 hinaus ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten; dieser Umfang der Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend.
Dieser Artikel formuliert erst mal nur den Rechtsanspruch auf „Förderung“. Aber was versteht das Gesetz unter Förderung? Einen Hinweis gibt SGB VIII §22 Absatz (2). Dort steht:
(2) Tageseinrichtungen für Kinder […] sollen
1. die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, 2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können. Hierzu sollen sie die Erziehungsberechtigten einbeziehen und mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und anderen Personen, Diensten oder Einrichtungen, die bei der Leistungserbringung für das Kind tätig werden, zusammenarbeiten.[…].
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
Und was bedeutet es konkret, dass der Förderungsauftrag Erziehung, Bildung und Betreuung sowie die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes umfasst? Der Absatz(4) des gleichen Paragrafen verweist dann darauf, dass das Landesrecht alles weitere klärt.
Was findet sich bisher im Landesrecht zum Ganztag?
Ganztag wird bisher im Landesrecht in Schleswig-Holstein nur im Schulgesetz thematisiert, obwohl der Rechtsanspruch „auf Förderung in einer Tageseinrichtung“ über das SGB VIII formuliert wird und somit eigentlich auch die Jugendhilfe betrifft. Im Schulgesetz des Landesschleswig-Holstein werden im §6 die folgenden Regelungen getroffen.
§6 Ganztagsschulen und Betreuungsangebote
Soweit nicht für einzelne Schularten durch Rechtsvorschrift abweichend bestimmt, entscheiden die Schulträger der allgemein bildenden Schulen und Förderzentren, ob diese als Ganztagsschulen in offener oder in gebundener Form geführt werden. Die Ganztagsschule verbindet Unterricht und weitere schulische Veranstaltungen zu einer pädagogischen Einheit, […]
(4) Das für Bildung zuständige Ministerium kann für Ganztagsschulen durch Verordnung insbesondere regeln:
Grundsätze der Organisation,
die erforderliche räumliche, sächliche und personelle Ausstattung,
die verbindliche Ausgestaltung als Ganztagsschule für Schulen bestimmter Schularten.
(5) Für Kinder im Grundschulalter können mit Zustimmung des Schulträgers über den zeitlichen Rahmen des planmäßigen Unterrichts hinaus Betreuungsangebote vorgehalten werden. Die Teilnahme ist freiwillig.
Aber die konkreten Ausführungen zur Qualität werden in Verordnungen geregelt. Die bisherige Richtlinie “Ganztag und Betreuung” macht in Bezug auf die Qualität und die konkret Ausgestaltung aber kaum Vorgaben. Vielmehr wird die Verantwortung für die Ausgestaltung an die jeweilige Schule abgegeben:
2. Ziele, Grundsätze und Förderung Offener Ganztagsschulen
Offene Ganztagsschulen sollen durch die Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe sowie weiteren außerschulischen Partnern die Bildungs- und Erziehungsziele von Schule unterstützen. Sie sollen ergänzend zum planmäßigen Unterricht die Bildungschancen junger Menschen erhöhen, deren individuelle Fähigkeiten und Interessen fördern und Benachteiligungen abbauen. Gleichzeitig sollen sie dazu beitragen, berufstätige, arbeitssuchende oder sich in Ausbildung befindliche Erziehungsberechtigte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen.
2.1 Voraussetzungen für die Genehmigung
[…]
g) Die Schule erarbeitet ein auf Dauer angelegtes pädagogisches Konzept der Offenen Ganztagsschule und stimmt dieses mit dem Schulträger und gegebenenfalls mit dem Kooperationspartner, der mit der Durchführung des Ganztags- und Betreuungsangebots beauftragt wird (Träger nach Ziffer 1 Satz 6), ab.
h) In dem Konzept sind die pädagogischen Grundsätze und die Ziele der Ganztagsschule, die Kooperationspartnerschaft für die ergänzenden Veranstaltungen einschließlich Ausgestaltung und Finanzierung, die Zusammenarbeit mit weiteren Kooperationspartnern, Art, Umfang und Durchführung der unterrichtsergänzenden Angebote sowie ihre Verzahnung mit dem Unterricht, Zeitstruktur der Unterrichts- und Angebotsgestaltung, die Mittagsversorgung sowie Personal und Räumlichkeiten zu beschreiben. Die Interessen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler sind im pädagogischen Konzept angemessen zu berücksichtigen.“
Was bedeutet die aktuelle Rechtslage für Kultur und Kultureinrichtungen im Ganztag?
Es wird ein Bildungsanspruch an das Nachmittagsangebot formuliert.
Es besteht ein Gebot mit außerschulischen Einrichtungen zu kooperieren.
Daraus lässt sich ableiten: Grundsätzlich können sich außerschulische Akteure aus der kulturellen Bildung, kommunale Kultureinrichtungen, Sportvereine oder weitere Akteure der außerschulischen Bildung in den Ganztag einbringen und zu dessen Qualität beitragen.
Momentan ist ein offenes Fenster auf die Entwicklung der Strukturen Einfluss zu nehmen, in deren Rahmen Kooperationen in Zukunft stattfinden werden.
Wer entscheidet über die Rahmenbedingungen für den Ganztag in Schleswig-Holstein ab 2026?
Federführend für die Entwicklung einer neuen Rahmenrichtlinie ist das Ministerium für Bildung Wissenschaft Forschung und Kultur (MBWFK) verantwortlich. Gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung gibt es eine gemeinsame Interministerielle Arbeitsgruppe, in der wohl die zentralen Entscheidungen zwischen Bildung und Jugendhilfe abgestimmt werden. Impulse für die neue Richtlinie werden in den vier Regionalkonferenzen von den lokalen Akteuren gesammelt. Zudem gibt es schon länger eine vom MBWFK einberufene AG Ganztag in der kommunale Landesverbände, Elternvertretungen, Gewerkschaften sowie Vertreter der LAG Wohlfahrt und des Landesjugendrings vertreten sind. Begleitet wird der Prozess von vielen Akteuren, die bereits im Ganztag aktiv sind sowie die ihre Tätigkeitsfelder für Anknüpfungsfähig halten. Diese haben ähnlich wie die LKJ SH e.V. beispielsweise Positionspapiere aus ihrer jeweiligen Perspektive geschrieben.
Die finanziellen Rahmenbedingungen werden schließlich zwischen den kommunalen Spitzenverbänden (aktuell federführend der Städteverband Schleswig-Holstein) und der Landesregierung des Landes Schleswig-Holstein ausgehandelt. Wenn es an die konkrete Umsetzung geht, werden vermutlich (wie bisher) die Kommunen die Leistungen für das Ganztagsangebot ausschreiben und sich dabei auf den neu zu entwickelnden Rahmen beziehen.
Am 20. Dezember fand in Husum die erste von vier Regionalkonferenzen statt. Die kulturelle Bildung war durch die LKJ SH e.V. und den Landesverband der Musikschulen vertreten. Sehr deutlich hat die Veranstaltung vor Augen geführt wie viele Akteure für einen gelingenden Ganztag einbezogen werden müssen. So waren Schulleitungen, Lehrkräfte, das weitere im Ganztag pädagogisch tätige Personal, Schulträger, Durchführungsträger, Kooperationspartner des Ganztags, Schulaufsicht, Vorstandsvorsitzende der Landes- und Kreiselternbeiräte, Vertreterinnen und Vertreter der Schülerinnen und Schüler, der Gewerkschaften, aus Politik und Wissenschaft eingeladen und vertreten. Ziel des MBWFK sowie der ServiceAgentur Ganztägig Lernen, die die Veranstaltung im Auftrag konzipierte, war es insbesondere die lokale und regionale Expertise vor Ort zu nutzen, da dies lokalen Akteure die spezifischen Herausforderungen und Potenziale am besten kennen. Die Veranstaltung ermöglichte es allen Akteuren ihre Erfahrungen, ihr Wissen aus der Praxis und sowie darüberhinausgehende Ideen einzubringen. Ausgehend davon soll eine fundierte Diskussion über einen qualitativ guten kindgerechten Ganztag für Grundschülerinnen und Grundschüler geführt werden, die dann 2024 in ein Rahmenkonzept überführt wird, das landesweit wirken soll. Die Ergebnisse, die in einem mehrstufigen Gruppenarbeitsprozess zusammengetragen wurden, sind digital dokumentiert und können hier öffentlich eingesehen werden.
Aus Sicht der LKJ SH e.V. war es ein sehr gut strukturierte, sehr gut moderierte gelungene Veranstaltung, in der für die meisten relevanten inhaltlichen Themen zur Sprache kommen konnten.
Wissenswertes: Start2Act I Projektförderung Deutsches Kinderhilfswerk I Fördermittel “Transformation in der Kultur”
Aktuelles aus der Geschäftsstelle
Liebe Newsletter-Lesende,
die Freiwilligendienste Kultur und Bildung sind für uns als LKJ SH e.V. eine zentrale Säule: Sie ermöglichen jungen Menschen prägende Erfahrungen in Kultur- und Bildungseinrichtungen in Schleswig-Holstein zu machen. Den Einsatzstellen ermöglichen sie einen engen Draht zu jungen Menschen zu halten – und vor allem erhalten sie von Freiwilligen im Arbeitsalltag engagierte Unterstützung. Wir sind glücklich, dass das Interesse der Einsatzstellen weiter sehr hoch ist und wir in den vergangenen Wochen von den Einsatzstellen viele positive Rückmeldungen für die Arbeit der Kolleginnen aus dem Freiwilligendienst-Team erhielten.
Insofern würde ich Ihnen, nachdem die Lobbyarbeit für die Freiwilligendienste im Jahr 2023 sehr viel Zeit gekostet hat, gerne schreiben: „Endlich haben wir Sicherheit, dass wir auch den Freiwilligendienstjahrgang 2024/25 in gleichem Umfang, wie in den vergangenen Jahren, durchführen können.” Leider kann ich das noch immer nicht. Im Bundeshaushalt 2024 wurden für dieses Jahr genug Mittel zur Verfügung gestellt, aber die Verpflichtungsermächtigung auch 2025 in gleichem Maße Finanzen zur Verfügung zu stellen, wurde nicht in den Haushalt geschrieben. Daher hängen wir noch immer in der Luft, eine ausführlichere Erläuterung dazu finden Sie weiter unten.
Neben den Freiwilligendiensten ist die Ausgestaltung des Ganztags an Grundschulen in Schleswig-Holstein ab 2026 aktuell eines unserer zentralen Themen. Der kommende Rechtsanspruch wird die Situation verändern. Wir setzen uns gemeinsam mit vielen anderen Verbänden dafür ein, dass das außerunterrichtliche Angebot auch einen hohen pädagogischen Anspruch hat und vor allem auch viele Anteile von kultureller Bildung enthält. Wir sehen darin eine Chance Kinder zu erreichen, die bisher eher selten von unseren Angeboten erreicht werden. Dieses Thema wird uns 2024 intensiv beschäftigen.
Neben diesen beiden Schwerpunkten werden wir auch in diesem Jahr wieder verschiedene Angebote für Fachkräfte und deren Vernetzung mit unseren Mitgliedern und zahlreichen Partner*innen auf die Beine stellen. Mehr dazu erfahren Sie im Jahresausblick weiter unten.
Herzlich, Ihr
Dr. Christian Schmidt-Rost
Finanzierung des Freiwilligenjahrgangs 2024/25 weiter offen
Nachdem Ende Januar nun endlich der Haushalt 2024 im Bund beschlossen worden war, haben wir uns über die Rücknahme der Kürzungspläne für 2024 sehr gefreut. Allerdings war es eine äußerst kurze Freude, denn die Probleme sind nicht gelöst. Dies liegt daran, dass die Freiwilligen in der Regel im September ihren Dienst beginnen und dann bis Ende August des Folgejahres bei den Einsatzstellen sind. Das gesetzlich vorgeschriebene begleitende Bildungsprogramm, das wesentlich über die Bundesförderung finanziert wird, verteilt sich auch über den 12-monatigen Engagement-Zeitraum der Freiwilligen. Das BMFSFJ und das BAFzA, die die Bundesförderungen verwalten, argumentieren: Wenn in der Finanzplanung 2025 nur Geld für eine reduzierte Anzahl an Freiwilligen-Plätzen vorhanden ist, dann werden auch nur diese Anzahl an Plätzen ab September 2024 bewilligt, unabhängig davon ob für 2024 mehr Geld im Bundeshaushalt eingestellt ist. Denn es muss sichergestellt sein, dass die jungen Menschen, die ihren Freiwilligendienst beginnen, diesen auch mit der gesetzlich vorgeschriebenen Begleitung und im vereinbarten Zeitraum beenden können. Sie argumentieren weiter, dass sie daher nur bei einer Verpflichtungsermächtigung in entsprechender Höhe im Haushalt 2024 für das Jahr 2025 die bisherige Zahl an Freiwilligen-Plätzen bewilligen können. Dies haben die Mitarbeitenden des BMFSFJ auf Arbeitsebene und die Mitarbeitenden des BAFzA unserem Bundesverband, der BKJ e.V., sehr klar kommuniziert.
Nun haben wir einen Haushalt, in dem eine ausreichend hohe Verpflichtungsermächtigung fehlt. Im Hintergrund wird wohl weiter daran gearbeitet, doch noch eine Lösung im Sinne der Freiwilligendienste zu finden. Denn die gesellschaftliche Relevanz und Bedeutung der Freiwilligendienste haben alle demokratischen Fraktionen im Zuge der Rücknahme der Kürzungen Ausdruck verliehen. Die Träger der Freiwilligendienste und die Einsatzstellen hängen weiter in der Luft. Wir hoffen, dass wir Ende des Monats endlich Klarheit haben werden, ob wir 135 oder 94 Freiwilligen-Einsatzstellen im Jahrgang 2024/25 besetzen können.
Ziele der LKJ SH e.V. für 2024
Vorstand und Team der Geschäftsstelle der LKJ SH e.V. haben sich auch für 2024 wieder Einiges vorgenommen: Wir wollen die Sichtbarkeit kultureller Bildung und die Wahrnehmung ihrer positiven gesellschaftlichen Effekte stärken. Dafür planen wir verschiedene Veranstaltungen, die sich an Entscheider*innen richten, arbeiten in Gremien wie dem Landesjugendhilfeausschuss oder der “AG politische Jugendbildung” mit und organisieren spartenübergreifende Vernetzungsveranstaltungen für Fachkräfte. Zudem versuchen wir mit den knapp vorhandenen Ressourcen die Socialmedia-Auftritte auszubauen.
Neben den nach außen sichtbaren Aktivitäten planen wir die LKJ SH e.V. intern weiterzuentwickeln. An der Schnittstelle zwischen Außen und Innen steht die Entwicklung eines neuen Leitbilds, das wir auf der Mitgliederversammlung im Mai verabschieden wollen. Zudem arbeiten wir an den Prozessen im hauptamtlichen Team, die noch weiter digitalisiert werden können
Bereits jetzt können Sie sich notieren, dass die LKJ SH e.V. als Partner der LAG Spiel & Theater sowie der Theaterschule Flensburg das Jahrestreffen der Theaterpädagog*innen in Schleswig-Holstein am 27. September in Flensburg mitausrichten wird. Am 14. November trifft sich das LesenetzSH in der Gemeindebücherei Schönkirchen, um sich über das mehrsprachige Vorlesen in Kitas auszutauschen. Noch nicht terminiert ist eine Veranstaltung zur Vernetzung von freischaffenden Kulturpädagog*innen aller Sparten, bei der es unter anderem darum gehen soll, wie Freischaffende in den Ganztag eingebunden werden könnten. Trotz aller Herausforderungen bleiben wir optimistisch, dass 2024 für die LKJ SH e.V. und die kulturelle Bildung in Schleswig-Holstein ein gutes Jahr werden wird.
Aktuelles von der Servicestelle “Kultur macht stark”
Am 22. Februar ist das Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur in der „SPRECHSTUNDE: Kulturförderung“ zu Gast: Dr. Benjamin Hanke wird die Förderung „Transformation in der Kultur“ vorstellen und Ihre Fragen beantworten. Das für Kultur zuständige Ministerium vergibt Fördermittel für Projekte aller Sparten mit dem Ziel, Kulturakteur*innen bei grundlegenden Veränderungsprozessen zu unterstützen. Der Förderschwerpunkt liegt in 2024 auf Vorhaben, die auf mehr Diversität und kulturelle Teilhabe abzielen.
Zudem stellen die Servicestellen „Kulturförderung SH“ (Annika Flüchter) und „Kultur macht stark“ SH (Kristin König) jeweils komprimiert aktuelle sowie anstehende Ausschreibungen in den Bereichen Kultur und kulturelle Bildung vor. Die Anmeldung ist bis zum 21.02.24 per E-Mail (koenig@lkj-sh.de) möglich. Die Anmeldebestätigung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten Sie am Vorabend der Veranstaltung.
Auf die Plätze, fertig, los! Bewerbungsstart in den Freiwilligendiensten
Seit dem 01. Februar 2024 können sich Interessierte für ein FSJ Kultur, FSJ Politik oder FSJ Schule bewerben. Insgesamt stehen rund 130 Plätze in Schleswig-Holstein in vielen verschiedenen Institutionen und Organisationen zur Verfügung.
Die Bewerbung erfolgt online über die bundesweite Homepage der Freiwilligendienste Kultur und Bildung. Alle freien Einsatzplätze sind dort mit einem eigenen Profil vertreten. Interessierte können nach Ort und Tätigkeiten filtern und dann direkt online für bis zu acht Plätze eine Bewerbung einreichen. Dafür müssen lediglich zwei Fragen zur Motivation beantwortet werden. Alle Fragen rund um das Bewerbungsverfahren und den einzelnen Einsatzplätzen beantwortet gerne das Team Freiwilligendienste.
Freiwilligenticket: Nach holprigem Start nimmt es langsam Fahrt auf!
„Freie Fahrt für Freiwillige“ – Lange haben Freiwillige, Träger und Einsatzstellen dafür gekämpft, dass Freiwilligendienstleistende zumindest vergünstigt den ÖPNV nutzen können. Seit dem Sommer gibt es nun einen ersten Schritt in die richtige Richtung: Das Land Schleswig-Holstein unterstützt Freiwillige beim Erwerb des Deutschlandtickets mit einem Beitrag von circa 16 Euro monatlich. Das freut uns sehr.
Leider ist der Weg zum Ticket länger und komplizierter, als wir es uns wünschen würden: So wird nur dann ein Zuschuss gewährt, wenn auch die Einsatzstelle einen Beitrag von mindestens 15 Euro leistet. Und es muss jede Einsatzstelle einen eigenen Rahmenvertrag mit Nah.SH abschließen. Um zumindest die bürokratischen Hürden zu reduzieren und mehr Freiwilligen ein Ticket zu ermöglichen, haben wir als LKJ SH e.V. ebenfalls einen Rahmenvertrag abgeschlossen und können ab sofort gegen eine kleine Verwaltungsgebühr die Beantragung und Verwaltung des Freiwilligentickets für die Einsatzstellen übernehmen. Weitere Infos dazu gibt es bei den Kolleginnen aus den Freiwilligendiensten.
Inmitten der Holsteinischen Schweiz und nahe der Ostsee liegt Schloss Eutin (Instagram und Facebook). Durch seine malerische Lage am Großen Eutiner See ist es das ideale Ausflugsziel für Familien und Kulturliebhaber*innen und eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Schleswig-Holsteins. Das barocke Schlossambiente, die Gemäldesammlung und die Gärten bilden den Rahmen für eine abwechslungsreiche Zeitreise in die Lebenswelt norddeutscher und europäischer Herrscherhäuser. Zum Ensemble gehört auch der englische Landschaftsgarten mit Küchengarten.
Während eines FSJs im Schloss Eutin unterstützt man in allen Kernbereichen des Hauses, u.a. in der Öffentlichkeitsarbeit, der Verwaltung, der Bildung und Vermittlung, im Küchengarten und bei Veranstaltungen. Zudem gewinnt man Einblicke in die kuratorische Arbeit. Darüber hinaus gibt es Spielraum für eigene kreative Projekte.
Porträt FSJ Schule:
“Arbeiten, wo andere Urlaub machen… das trifft definitiv auch für mein FSJ an der Herrmann-Neuton-Paulsen-Schule auf der Nordseeinsel Pellworm zu. Im Sommer sonnenbeschienene Wiesen, mehr Schafe als Einwohner*innen und das Wattenmeer hinter dem Leuchtturm sind das Ambiente; auf der anderen Seite aber auch ein sehr stiller Winter. Durchaus Geschmackssache also, für mich aber auf jeden Fall die richtige Entscheidung.
Meine Einsatzstelle, die einzige Schule auf der Insel, besuchen derzeit 99 Kinder – auf die Jahrgangsstufen eins bis zehn verteilt. So bleibt durch die überschaubaren Gruppen viel Zeit, intensiv einzelne Kinder zu unterstützen, sei es beim Lesen der ersten Worte oder beim Verstehen der ersten Chemieformeln. An alle zukünftigen Generationen, die mit dieser Stelle liebäugeln und nur davor zurückschrecken, auf eine Insel zu ziehen: Traut Euch! Es lohnt sich!”
Durch Start2Act, dem neuen Förderprogramm der BKJ e.V., werden Träger und Verbände der kulturellen Bildung dabei unterstützt, sichere Orte zu sein, in denen Kinder umfassend vor (sexualisierter) Gewalt geschützt sind. Gefördert werden Workshops bzw. Formate, die (sexualisierte) Gewalt thematisieren, reflektieren oder dafür sensibilisieren sowie die Entwicklung von Schutzkonzepten.
Noch bis 31. März 2024 Projektförderung beim Deutschen Kinderhilfswerk beantragen: Ziele der Förderung durch die Themenfonds sind die Bekanntmachung der Kinderrechte und die Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen.
Bis 31. März 2024 Fördermittel für Transformation in der Kultur beantragen: Das MBWFK des Landes SH fördert Projekte aller Sparten mit dem Ziel, Kulturakteur*innen bei grundlegenden Veränderungsprozessen zu unterstützen. Der Förderschwerpunkt liegt in 2024 auf Vorhaben, die auf mehr Diversität und kulturelle Teilhabe abzielen.